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Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg (2 часть)
Im Hinblick aufsein Ziel, die Türkei auf die deutsche Seite zu ziehen, machte er mehrere Ausführungen, darunter auch folgenden Vorschlag: BA Potsdam AA Bd. 61174, Bl. 70, Weizsäcker an RAM, 5. 8. 1941. Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg ,,Ein weiteres Mittel wäre, die uns auf dem östlichen Kriegsschauplatz in die Hände gefallenen Gefangenen turanischer Abstammung und mohammedanischen Glaubens sofort in einem Sonderlager zu isolieren und sie durch geeignete Persönlichkeiten aufklären und unterrichten zu lassen. Meist werden es kämpferische Elemente sein, die im Verlauf der nächsten Wochen mit Vorteil zur Zellenbildung über die Türkei in ihre alte Heimat zurückgeschickt, oder gegebenenfalls auch mit Sonderaufträgen durch Flugzeug abgeworfen werden könnten."21 Die Vorstellungen und Ideen und der Eindruck, den die Emigranten auf v. Papen machten, sind durch diese Zeilen hindurch klar erkennbar. General a.D. Nuri Killigil, ein Bruder des in der basmachi-Bewegung gegen die Rote Armee gefallenen ehemaligen türkischen Kriegsministers Enver Pascha und einer der wenigen tatsächlichen Turanisten, bot im September bei einem Deutschlandbesuch der deutschen Regierung seine Dienste an. Er wollte in Fragen des Kaukasus beratend wirken, und er bot sogar die Anzettelung eines Aufstands im Kaukasus an. Die sog. ,,panturanische" Idee, von der Nuri Pascha behauptete, ,,dass das ganze türkische Volk dafür zu haben sei", und ,,große Teile der Armee für diese Ideen seien",22 was eine maßlose Übertreibung war, wurde zum Teil von deutscher Seite auch missverstanden und überbewertet. Sicherlich hoffte die Türkei, dass sich die politischen Verhältnisse an ihren Ostgrenzen änderten, denn sie sah die Sowjetunion bereits wieder als die gleiche Bedrohung an, die schon das russische Reich Jahrhunderte lang für das Osmanische Reich dargestellt hatte. Sie hatte daher großes Interesse daran, dass nach einem Zerfall der Sowjetunion in ihrer östlichen Nachbarschaft die turksprachigen Völker neue selbständige Staaten bildeten, um mit ihnen regen Kontakt und Austausch zu haben und auch auf diese Weise zahlreiche Bündnispartner zu erwerben. Aber wirklich turanistische Pläne, die etwa auf eine Föderation der Staaten einschließlich der Türkei hinausgelaufen wären, hegte in türkischen Regierungskreisen ernsthaft niemand. Und solange die Sowjetunion nicht tatsächlich besiegt war, würde sich in der türkischen Regierung auch niemand so weit aus dem Fenster lehnen. Während jedoch v. Papen sehr die turanische Linie betonte, um die Türkei über diese Schiene an Deutschland zu binden, war man in der Wilhelmstraße viel vorsichtiger. Zwar wurden auch dort turanistische Planspiele gemacht, z.B. wenn Unterstaatssekretär Woermann bemerkte, ) BA Potsdam AA Bd. 61174, Bl. 58 v. Papen an AA, 25. 7. 1941. ) BA Potsdam AA Bd. 61174, Bl. 98f. Bericht Unterstaatssekretär im AA Woermann am 26. 9. 1941. Camilla Dawletschin-Linder Staatsgebiete im Wolga-Ural-Gebiet, die sich politisch nach der Türkei ausrichten würden, lägen nicht im deutschen Interesse, im Gegensatz zur Lage in Turkestan, wo die Schaffung turkvölkischer und an die Türkei angelehnter Staatengebilde zu fördern sei.23 Auf den deutschen Punkt brachte es der Sonderbeauftragte für die sog. Panturanische Bewegung, Werner Otto v. Hentig, in einer Aufzeichnung vom November 1941: ,Turanische' Frage ist nur ein Teil der größeren Frage: Wie setzen wir die Feinde des alten und heutigen Rußland für unsere Ziele ein, im vorliegenden Falle: Wie machen wir uns den geschichtlichen Gegensatz der von Rußland eroberten und geknechteten Turkstämme zu nutze. (...) noch wichtiger ist aber die außenpolitische Wirkung einer solchen Staatbildung [der nicht-russischen Bevölkerung], wobei es sich zunächst um die politische Zusammenfassung aller Turkvölker der Sowjetunion handeln würde. Mit ihr allein ist bei der heutigen Sachlage die Türkei zu gewinnen. Auf die Haltung der Türkei aber wird es gerade in den nächsten Monaten wesentlich ankommen." 24 Nuri Pascha brachte während seines Deutschlandsbesuchs auch die Frage der turkstämmigen Kriegsgefangenen auf: ,,Als eine vorbereitende Hilfe, die Deutschland schon jetzt geben könne, bezeichnete Nuri folgende beide Punkte: (...) b) es sollen die türkstämmigen russischen Kriegsgefangenen ausgesondert und in ein besonderes Lager gebracht werden, wie dies auch im [L] Weltkriege geschehen sei. Das einfachste Kriterium sei, alle mohammedanischen Kriegsgefangenen auf diese Weise zunächst zusammenzufassen. Es wäre dann später zu prüfen, aus diesen Kriegsgefangenen eine eigene Kampftruppe für die panturanische Bewegung zu schaffen."25 Hier ist von turanistischer Seite zum ersten Mal die Rede von einem aktiven Kampfeinsatz dieser Gefangenen auf deutscher Seite und nicht nur von humanitären und propagandistischen Maßnahmen. ) BA Potsdam AA Bd. 61174, Bl. lOOf. ders. ) BA Potsdam AA Bd. 61174, Bl. 220ff, Bericht v. Hentigs am 23. 11. 1941. 25 ) BA Potsdam AA Bd. 61174, Bl. 92, Bericht Woermann am 17. 9. 1941. Im 1. Weltkrieg wurden Absonderungslager für muslimische Kriegsgefangene errichtet, das sog. Weinberglager und das Lager Wünsdorf-Zossen. In letzterem wurde sogar eine Moschee gebaut und ein muslimischer Friedhof eingerichtet, Imame kümmerten sich um die Gefangenen, und Persönlichkeiten aus verschiedenen muslimischen Ländern wurden herangeholt, um den Gefangenen Vor t rage zu halten und sie damit ,,umzuerziehen", d. h. sie dazu zu bewegen, für die Sache der Mittelmächte zu kämpfen und ins osmanische Heer einzutreten. Die Behandlung der muslimischen Kriegsgefangenen zu dieser Zeit unterschied sich grundsätzlich von der Situation im 2. Weltkrieg. Vgl. 0. SCHAFE B, Dschihad im Märkischen Sand, in: Die Brücke 85 (Sept./Okt. 1995), 9f. Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg Der Vorschlag Nuri Paschas, unter dem Stich wort ,,Sofortprogramm" alle muslimischen Kriegsgefangenen erst einmal auszusondern, war jedoch noch nicht zu realisieren: ,,Nach Auskunft des Leiters der Kriegsgefangenen-Abteilung des OK W hat Reichsleiter Rosenberg bereits einen entsprechenden Wunsch an das OKW herangetragen. Das OKW kann zurzeit eine solche Aussonderung noch nicht durchführen. Sobald aber seine Hände etwas freier geworden sind, beabsichtigt es, an die Trennung der russischen Kriegsgefangenen nach Volks- und Rassezugehörigkeit heranzugehen. Es ist zu erwarten, daß das OKW einem Ersuchen des Auswärtigen Amts auf Trennung der turkstämmigen und mohammedanischen russischen Kriegsgefangenen im Rahmen des Möglichen entsprechen wird. (...) Bis zur Verwirklichung werden zweifellos mehrere Monate vergehen. "26 Durch ein Eintreten des AA beim OKW würde jedoch keine Vorentscheidung oder Festlegung auf die panturanischen Ideen Nuri Paschas erfolgen, schrieb Woermann weiter. Vielmehr sei ,,(d)ie Ausscheidung der mohammedanischen Kriegsgefangenen und die Heranziehung der mohammedanischen Bevölkerung in den besetzten Ostgebieten (...) für unsere islamitische und Orientpolitik ganz allgemein empfehlenswert."27 Nach der enttäuschten Abreise des Turanisten Nuri Pascha aus Deutschland, der außer der Versicherung, man werde mit ihm in Kontakt bleiben, keinerlei konkrete Ergebnisse erreicht hatte, lud die deutsche Regierung auf Initiative v. Papens hin zwei türkische Generäle zu einer Frontreise ein, um die Kontakte zur Türkei, vor allem zu offiziellen Stellen, zu intensivieren. General a. D. Emir Hüsnü Erkilet und General Fuat Erdem erwiesen sich der in sie gesetzten Erwartungen als würdig: Erkilet veröffentlichte in der Türkei einen ausführlichen Bericht über die Reise an die Ostfront i*n Oktober 1941, während der er und seine Begleiter auch von Hitler persönlich empfangen worden waren, was er mit besonderer Bewunderung und Verehrung beschrieb.28 Zu ihrer Begleitung war der Vertreter des AA beim AOK (Armeeoberkommando) und danach für diese Fragen wieder ins AA berufene Orientkenner Werner Otto von Hentig abgeordnet. Er nahm großen Einfluss auf alle Fragen der turko-tatarischen Emigration und der deutsch-türkischen Beziehungen. ) BA Potsdam AA Bd. 61174, Bl. lOlf., ders. Meine Hervorhebungen. ) ebd. 28 ) EH. ERKILET, $ark Cebhesinde Gördüklerim. [Was ich an der Ostfront sah.] Istanbul 1943. Camilla Dawletschin-Linder 5. Bemühungen des A A und des RMfdbO für die Verwendung der turko-tatarischen Kriegsgefangenen Die ersten sog. Aussonderungen von muslimischen Kriegsgefangenen, die ja ganz im Gegensatz zur Aussonderung von Juden und Kommissaren nicht den Tod, sondern eine bessere Behandlung zur Folge haben sollten, wurden dem AA vom OKW bereits Ende Oktober und Anfang November gemeldet. Mit einer Verfügung des OKW vom 14. Oktober war eine Unterbringung der Turko-Tataren bestimmter Wehrmachtsbezirke in besonderen Lagern angeordnet worden. Doch die Durchführung erwies sich wegen der zuvor vernachlässigten Vorbereitungen für eine menschenwürdige Behandlung der Kriegsgefangenen als schwierig, wie das OKW am letzten Oktobertag vermeldete: ,,Der Wehrkreis I hat als Sammellager das M -Stammlager I C, Heydekrug, in Aussicht genommen. Diese Massnahmen erscheinen nicht ausreichend, da das augenblickliche winterliche Wetter den an ein wärmeres Klima gewöhnten Kgf. nicht zuträglich ist. Ihre Sterblichkeitsziffer ist infolgedessen erheblich gestiegen."29 Kommissionen des Ostministeriums, die teilweise aus Emigranten bestanden, auf die man natürlich auf Grund ihrer Sprach- und Sachkenntnisse angewiesen war, waren bereits seit August tätig, um in den Lagern ,,die wertvollen Elemente unter diesen Minderheiten" herauszusuchen, die dann in den besetzten Gebieten in der deutschen Verwaltung eingesetzt werden konnten. Zum Beispiel bediente sich das Amt Rosenbergs dabei des eigens aus Paris herbeigeholten turkestanischen Emigrantenführers Mustafa Cokay, der zusammen mit einem in Deutschland ansässigen Helfer, Veli Kayum, die Lager persönlich nach turkestanischen Gefangenen absuchte. Im ersten Jahr nach Kriegsausbruch sollen über eine halbe Million Turkestaner von der deutschen Armee gefangen genommen worden sein30, von denen allerdings viele erst gar nicht in die Lager auf deutschem Boden gelangten, die die Kommission besuchte. Mustafa Cokay zog sich bei diesen Besuchen das vielerorts herrschende Fleckfieber zu und verstarb noch im Winter 1941. Seine Führungsstelle als Vertreter der Turkestaner wurde von Veli Kayum eingenommen, der, insbesondere von v. Mende protegiert, sich den Titel Khan zulegte und dann auch als solcher auftrat, beileibe nicht immer zum Nutzen seiner Landsleute. Bei den solchermaßen ausgesuchten Gefangenen handelte es sich jedoch im Vergleich zur Gesamtmenge nur um eine ganz geringe Anzahl. Es gab auch ) BA Potsdam AA Bd. 61174, Bl. 198, OKW an AA 31. 10. 1941. ) 0. CABOE, Soviet Empire, the Turks of Central Asia and Stalinism, London 1953,246. Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg objektive Schwierigkeiten bei der Zusammenfassung der verschiedenen Nationalitäten in Sonderlagern, doch waren die Verzögerungen zunächst auf den Widerstand der Wehrmacht31 und dann auf Kompetenzgerangel zwischen dem AA und dem Ministerium Rosenbergs zurückzuführen. Ostministerium und AA stritten sich den ganzen Herbst und Winter 1941/42 darüber, wer nun für den sog. ,,Turanismus" zuständig sei. Dem Leiter der Abteilung Fremde Völker im RfdbO, v. Mende, ist zu verdanken, dass die turko-tatarischen Kriegsgefangenen einen energischen Fürsprecher in diesem Ministerium des immer leicht beleidigten und vor allem Hitler gegenüber buckelnden Rosenberg hatten.32 V Hentig legte am 4. 11. 1941 eine Denkschrift zum Turanismus vor, in der er zunächst einen kurzen Überblick gab und dann die Mittel für die deutsche Politik in dieser Frage aufzeichnete. Neben Propaganda im Feindesland und der Herausgabe einer Zeitschrift für die muslimischen Kriegsgefangenen sollten diese Gefangenen gesammelt und bevorzugt behandelt werden. Ihr Beköstigungssatz sollte, ähnlich wie schon im 1. Weltkrieg, höher sein, sie sollten zur Arbeit auf dem Lande eingeteilt werden, da sie größtenteils sehr tüchtige Landwirte seien, ferner sollte ein Teil militärisch weitergebildet und ein Teil, nämlich die Offiziere und Lehrer, in einem Sammellager bei Berlin untergebracht und geschult werden.33 Das Schulungslager Wuhlheide ging also u.U. auf einen Vorschlag v. Hentigs zurück. Während die Orientkenner sowohl im AA als auch im Ostministerium gleichzeitig mit der Sonderbehandlung der turko-tatarischen Kriegsgefangenen auch das künftige Schicksal der Turkvölker der Sowjetunion im Auge behielten und im ständigen Gespräch mit den Emigranten wa- ) Allerdings gab es auch hier einzelne Offiziere, die die offizielle Politik nicht unterstützten, sondern versuchten, das Los der Gefangenen z. B. durch eine bessere Verpflegung erträglicher zu machen. Die Namen der Offiziere findet man zumeist unter den Verschwörern des 20. Juli wieder, z.B. Generalleutnant Wagner, Oberst Schmidt von Altenstadt und Oberst Graf v. Stauffenberg. 32 ) Erst im Sommer 1942 wurde in einer Besprechung versucht, die Zuständigkeit beider Ministerien voneinander abzugrenzen, indem man die Autorität des ,,Führers" bemühte. Alle Gebiete der Sowjetunion, deren Unterstellung unter deutsche Verwaltung oder Oberhoheit geplant sei, sollten zur Zuständigkeit des RMfdbO gehören, dem AA blieben Sibirien und Zentralasien (Turkestan). Aufzeichnung Graf von der Schulenburg, 27. 7. 1942. Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik (ADAP) Serie E III, Göttingen 1950-, 230f. 33 ) BA Potsdam, AA Bd. 61174, Bl. 154ff., v. Hentig an Woermann, 4. 11. 1941. Camilla Dawletschin-Linder ren, was sie auch nicht unbeeindruckt gelassen hat, sah man an höherer Stelle das Thema unter ganz anderen Vorzeichen. Hitler hatte vorerst noch andere Ziele. Am 15. 11. 1941 notierte der Verbindungsmann Ribbentrops im Führerhauptquartier: ,,Zu den Ausführungen über die panturanische Bewegung bemerkte der Führer, daß es notwendig sei, daß hier engstens mit dem Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, Rosenberg, zusammengearbeitet werden müßte. (...) Die Erweckung eines gegen die Russen gerichteten panturani sehen Zugehörigkeitsgefühls hält der Führer als unseren Interessen zuwiderlaufend. Unser Ziel sei es, dort einmal zu herrschen und das Land für unsere Zwecke zu organisieren, wir könnten hier deshalb alles, nur kein nationales Zugehörigkeitsgefühl gebrauchen."34 Dennoch konnte Rosenberg Hitler im Dezember für den Plan der Aufstellung ,,türkischer Legionen" gewinnen.35 Am 22. Dezember gab das OK W den offiziellen Befehl zur Aufstellung von Nationalitätenlegionen. Der Eintritt in die Legionen war freiwillig, denn der deutschen Seite war bewusst, dass zwangsrekrutierte Soldaten sich im Kampf gegen die eigenen Leute nicht bewähren würden. Wie P. VON ZUR MÜHLEN ausführlich darstellt, gab es Legionäre, vor allem die aktiven Nationalisten, die aus politischen Motiven in den Hilfsdienst der deutschen Armee eintraten. Die große Masse der Legionäre jedoch hatte nur die Wahl, in den grauenhaften Zuständen der Lager umzukommen oder das Angebot, das einer Freilassung gleichkam, anzunehmen.36 Gerade die Tatsache, dass es sich um national homogene Truppen handelte, war für die Kriegsgefangenen der sowjetischen Minderheiten ein besonderer Anziehungspunkt, denn in der eigenen Gruppe hatten sie auch psychisch die besseren Überlebenschancen.37 Bei der Beurteilung dieser Entscheidung müssen, wie dies auch für die deutschen Soldaten postuliert wurde, ,,die Wahrnehmungs- und Deutungsperspektiven der Soldaten ernst [genommen werden] (ohne sie abso) ADAP Serie D XIII, 643. ) P. VON ZUR MÜHLEN, Zwischen Hakenkreuz und Sowjetstern. Der Nationalismus der sowjetischen Orientvölker im Zweiten Weltkrieg, Düsseldorf 1971, S. 58. Bereits im Oktober 1941 waren zwei Nationalitäten-Bataillone aufgestellt worden, die der Abwehr unterstanden. V z. Mühlen, Nationalitätenfrage, 132. 36 ) Ebd. 61 ff. Ebenso J. HOFFMANN, Die Ostlegionen 1941-1943. Turkotataren, Kaukasier und Wolgafinnen im deutschen Heer, Freiburg 1976. 37 ) Auch in den eingangs zitierten Erinnerungen wird immer wieder geschildert, wie sich in den verschiedenen Lagern, durch die sie geschleust wurden, die Tataren jeweils zusammenfanden und solidarische Gruppen bildeten, die sich auch nach außen gegenüber anderen Gefangenen gegenseitig verteidigten. Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg lut zu setzen)"38; einerseits ist ihre persönliche Motivation über ihre politische zu setzen und andererseits darf aufgrund ihrer persönlichen Vorgeschichte, d.h. in diesem Fall ihrer historischen Erfahrung mit der russischen Beherrschung und ihrer persönlichen Erfahrungen mit dem sowjetischen System, der Eintritt in die Legionen nicht gleichgesetzt werden mit ihrer Unterstützung für nationalsozialistische Ziele und Ideologie. Genaue Zahlen sind zwar nicht erstellt worden, jedoch geht man davon aus, dass ,,(a)lles in allem (...) schließlich ehemals sowjetische Soldaten oder sowjetische Staatsbürger in der Größenordnung von rund einer Million in der einen oder anderen Form in die deutschen Streitkräfte integriert (waren)."39 Insgesamt wurden 90 Feldverbände aufgestellt, 26 turkestanische, 15 azerbaidschanische, 13 georgische, 12 armenische, 9 nordkaukasische, 8 krimtatarische und 7 wolgatatarische, dazu kamen viele Mitglieder der nicht-kämpfenden Truppe, in Arbeite- und Versorgungsbataillonen etc. Die Ost-Legionen wurden nicht nur im Osten, sondern auch auf anderen Kriegsschauplätzen eingesetzt und zwar bis in die letzten Monate des Krieges hinein. Von Ende 1943 an interessierte sich auch die Waffen-SS für die Aufstellung von turko-tatarischen Freiwilligenverbänden. Hier entstand der sog. Osttürkische Waffenverband, der aus vier türkischen Nationalitäten bestand. Bis fast zum bitteren Ende gingen die Mitglieder dieser Verbände von anderen Voraussetzungen aus als das deutsche Oberkommando, bzw. Himmler für die SS. Während die turko-tatarischen und kaukasischen Soldaten meinten, nicht nur für die Befreiung ihrer Heimat von sowjetisch-russischer Herrschaft zu kämpfen, sondern auch für das Ziel, selbständige nationale Staaten zu errichten, war davon in den deutschen Entscheidungsstellen nicht im Ernst die Rede. Vor allem Hitler selbst sah alle diese Menschen nur als Instrumente in seinem Eroberungskampf an. Lediglich im März 1945 wurde Rosenberg autorisiert, die Nationalkomitees als Alleinvertreter der einzelnen Völkerschaften anzuerkennen und ein unabhängiges Azerbaidschan und ein unabhängiges Turkestan für die Zeit nach dem Sieg anzukündigen, zu einem Zeitpunkt also, als eine derartige Ankündigung völlig irrelevant geworden war.40 ) TH. KÜHNE, Kameradschaft - ,,das Beste im Leben des Mannes". Die deutschen Soldaten des Zweiten Weltkriegs in erfahrungs- und geschlechtergeschichtlicher Perspektive, in: Geschichte und Gesellschaft, 22 (1996), 505. 39 ) HOFFMANN, Die Ostlegionen, S. 47. Vgl. dazu auch H. W. NEULEN, An deutscher Seite. Internationale Freiwillige von Wehrmacht und Waffen-SS, München 1985, 322 ff. 40 ) CAKOE, Soviet Empire, 248. Camilla Dawletschin-Linder Doch nicht für alle Kriegsgefangenen war die Bedingung der Freilassung an den Eintritt in den Dienst der Armee geknüpft. Als im Winter 1941/42 klar wurde, dass die Blitzkriegstrategie gegen die Sowjetunion nicht aufgegangen war, dass vor allem viel mehr Menschen und Material gebunden wurden, als vorhergesehen, begann man, Arbeitskräfte in den besetzten Gebieten anzuwerben, bzw., trotz gegenteiliger Weisungen, zwangszurekrutieren. Eigentlich wäre dafür das Ostministerium zuständig gewesen, jedoch gelang es wie so oft den Parteiinstanzen, diese Aufgaben an sich zu ziehen. Als Ausgleich, so beschrieb es der stellvertretende Leiter der Abteilung Politik im RMfdbO, Bräutigam,41 gründete das Ostministerium Anfang 1942 die ,,Zentralstelle für Angehörige der Völker des Ostens", die die ,,Betreuung" der Angehörigen der Ostvölker, die sich auf Reichsgebiet befanden, übernahm. Gleichzeitig bildete v. Mende innerhalb des Ostministeriums die zunächst ,,Mittelstellen" und ein Jahr später dann ,,Leitstellen" genannten Kristallisationspunkte für die Angehörigen der einzelnen Turk- und Kaukasusvölker. Diese Dienststellen blieben bis zum April 1945 funktionsfähig und hatten gegen Ende zu mehrere hundert deutsche und ausländische Mitarbeiter.42 Daneben wurden Vertretungen der einzelnen Völkerschaften gegründet, eine Art Nationalkomitees, die sich jedoch auf höchste Anweisung hin offiziell nicht so nennen durften. Die Emigranten und ins zivile Leben Freigelassenen scharten sich um sie. Viele sahen in ihnen ihre politische Vertretung im Exil, vor allem die Turkestaner unter der Führung Veli Kayum Khans, während die deutsche Politik weit entfernt davon war, diesen Gremien irgendeine wirkliche politische Funktion zuzugestehen. Welches war das weitere Schicksal jener, die wie Tamurbek Dawletschin in Berlin freigelassen wurden und die restlichen Kriegsjahre als Zivilisten überstanden? Tamurbek Dawletschin befand sich im Winter 1941/42 in einem der vielen Lager, in denen Flecktyphus ausgebrochen war. Sie wurden abgeriegelt und konnten von den Kommissionen nicht besucht werden. Er überlebte jedoch die Epidemie in Bergen-Belsen. Dazu hat sicher die Tatsache beigetragen, dass er den Winter über in der warmen Krankenbaracke wohnen konnte, da er auf Grund seiner Deutschkenntnisse zum Schreiber der Krankenstation ernannt worden war. Nach seiner Verlegung in das Schulungslager Wuhlheide, wo er seinen eigenen Aussagen zufolge nicht zu Schulungen herangezogen wurde, wurde er freigelassen. Leider sind die Voraussetzungen und Bedingungen für diese Freilassung nicht bekannt. Da das RMfdbO 1944 bei einem ) BRÄUTIGAM, So hat es sich zugetragen, 495. ) V. z. MÜHLEN, Hakenkreuz, 78ff. Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg Bombenangriff zerstört wurde, sind fast keine Akten mehr aus diesem Ministerium erhalten. So ist es auch meines Wissens bislang nicht möglich nachzuvollziehen, welche Personen zu welcher Zeit von diesem Ministerium für welche Aktivitäten und in welchem Umfang finanziert wurden. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Freilassung an die Bedingung einer politischen Mitarbeit geknüpft war. Einige der Emigranten und Freigelassenen waren über die Radiostation Vineta an das Reichspropagandaministerium angebunden. Ab Sommer 1942 wurden dort Rundfunksendungen in russischer, uzbekischer, kazantatarischer, armenischer, azerbaidschanischer und georgischer Sprache ausgestrahlt. Auch verschiedene Zeitungen in russisch und in allen Minderheiten-Sprachen wurden herausgegeben, ebenso Flugschriften und Propagandablätter. Sie wurden z.T. vom RMfdbO, z.T. von der Abteilung Wehrmachtspropaganda im OKW kontrolliert. Auf diese Weise bekamen die daran beteiligten Emigranten wahrscheinlich finanzielle Zuwendungen und vor allem Lebensmittelmarken. Nur so konnte es ihnen gelingen, sich im Kriegsberlin über Wasser zu halten. Daneben gab es ein funktionierendes soziales Netz innerhalb der einzelnen Nationalitäten. Zum Beispiel lebten in Berlin zahlreiche Wolgatataren, die nach der Revolution oder in den 20er Jahren emigriert waren und die nun den Freigelassenen beistanden. Sie allein können jedoch unmöglich alle in Berlin verbliebenen freigelassenen Wolgatataren versorgt haben. Tamurbek Dawletschin, der, wie erwähnt, zum Zeitpunkt der Entlassung bereits an Tuberkulose erkrankt war, lebte eineinhalb Jahre in Berlin, währenddessen er, nur soviel ist bekannt., sowohl für die tatarisch-sprachige Zeitung schrieb als auch wissenschaftlich arbeitete, bis er Anfang 1944 aufgrund seiner Tuberkuloseerkrankung in ein Krankenhaus in Dresden eingewiesen und dort operiert wurde. Nach der Bombardierung Dresdens wurden alle Insassen des Krankenhauses ins Allgäu evakuiert, wo sie bis Kriegsende blieben. 6. Das Ende der ,,turanistischen" Aktivitäten des Auswärtigen Amts in der Türkei Die Verbindungen zu den in der Türkei lebenden turko-tatarischen Emigranten brachen wahrscheinlich ab, nachdem sich im deutschen Außenministerium ein Wechsel der Strategie gegenüber der Türkei vollzog. Den sog. ,,panturanistischen" Aktivitäten des deutschen Botschafters in der Türkei wurde im Frühherbst 1942 der Riegel vorgeschoben. V. Papens Strategie, die Türkei zu einem offenen Seitenwechsel zu veranlassen, war Camilla Dawletschin-Linder nicht aufgegangen, dies umso weniger, als sich der Krieg hinzog und keine durchschlagenden Erfolge zu vermelden waren. Dieses Problem hatte v. Papen schon selbst in seinem politischen Bericht zur Jahreswende 1941/1942 erkannt.43 Im Sommer 1942 kam es auch in der türkischen Regierung zu einem leichten Kurswechsel im Gefolge des Todes von Ministerpräsident Refik Say dam. Er wurde durch Außenminister §ükrü Sarapoglu ersetzt, während der bis dahin amtierende Staatsminister im Außenministerium, Numan Menemencioglu, ein Diplomat ersten Ranges und alter Schule, zum neuen türkischen Außenminister ernannt wurde. Gleichzeitig wurde Botschafter Hüsrev Gerede in Berlin, der von seiner Regierung als zu sehr in deutsche Belange involviert angesehen wurde, gegen Saffet Arikan ausgetauscht. Am 26. August machte v. Papen seinen Antrittsbesuch bei ,,Numan", wobei ihm unmissverständlich die türkische Haltung erläutert wurde. Menemencioglu sagte, der türkische Generalstab glaube, ,,dass die Einnahme Stalingrads der Schlüsselpunkt der diesjährigen Operationen sein werde". Dabei gingen der Generalstab und damit auch er selbst davon aus, dass die deutschen Kräfte die der Sowjets im mittleren und nördlichen Abschnitt bis Ende des Jahres entscheidend schwächen würden und damit mit der Sowjetunion im Krieg nicht mehr zu rechnen sei. In bezug auf die Neuordnung sagte der Außenminister: ,,Die Aufgabe Deutschlands, das russische Problem zu lösen, sei ungeheuer schwer. Die Türkei (...) sei deshalb bereit, dem Reich im Rahmen des Möglichen zu helfen. Da sein Land keinen Imperialismus treibe, habe es nur ein Interesse an dem kulturell gesicherten Bestand seiner politischen Minderheiten. Man sei überdies überzeugt, daß die Lösung des russischen Problems nur gelingen werde, wenn man alle diese verschiedenen Völkerschaften mit ihren kulturellen Eigenheiten unter deutscher Leitung auf eigene Füße stellt. (...) Auf meine Frage worin die Mitwirkung der Türkei bestehen könne, antwortete Numan, daß der Mitwirkung gewisse Grenzen durch die Aufrechterhaltung der Neutralität gesetzt seien, daß sie uns aber da zuteil würde, wo sein Land legi- ) ,,Die Erweiterung des Kriegstheaters durch den Ausbruch des amerikanisch-japanischen Konfliktes und die Kriegserklärung der Achsenmächte an die Vereinigten Staaten haben hier zunächst ein Gefühl großer Enttäuschung ausgelöst. (...) Die nächste Folge dieser Entwicklung war eine erneute Betonung des unabänderlichen Willens der Türkei, dem Kriege fernzubleiben und sich von keiner Seite für irgendwelche Interessen, die die Türkei nicht berühren, einspannen zu lassen." Von Papen an AA, 5. 1. 1942 in: German Foreign Office Documents. German Policy in Turkey (1941-1943), 52. Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg time kulturelle Interessen zu vertreten habe. Er bat mich, in allen Fragen in denen wir den Rat der Türkei bezüglich administrativer und personeller Dinge wünschten, mich an ihn zu wenden."44 Aus dieser diplomatisch äußerst geschickten Antwort geht die offizielle Linie der Türkei in dieser Frage ganz deutlich hervor. Selbst in den folgenden Verhandlungen um Waffenlieferungen verstand es die Türkei, einen mittleren Kurs zwischen Deutschland und England zu steuern, ohne sich festzulegen. Auch der Bericht G. v. Mendes im Anschluss an seine Sondierungsreise in die Türkei im August 1942 machte deutlich, dass Deutschland von der Türkei keine engere Bindung erwarten konnte: ,,Das alles überschattende politische Problem für die Türkei ist die Ausschaltung der Sowjetunion. Der deutsch-sowjetische Krieg ist zugleich der beste Aktivposten der deutschen Politik in der Türkei. Darüber hinaus aber ist deutlich spürbar, daß die Türkei sich ihrer politischen und militärischen Schlüsselstellung im Vorderen Orient bewußt ist und dementsprechend Wirtschaftsund Rüstungsgeschäfte mit beiden Parteien unter politischen Vorzeichen für die Türkei besonders günstig abgeschlossen werden. (...) Die allgemeine Ausrichtung der offiziellen Politik scheint jedoch in einer möglichst lang andauernden Erhaltung der Neutralität und in der Ausnützung der politischen Schlüsselstellung zu bestehen. Es ist dabei bemerkenswert, daß die türkische Öffentlichkeit nicht so sehr von den einzelnen deutschen Siegen beeindruckt ist, sondern daß die Fragestellung ganz eindeutig auf die Neuordnung Europas hinzielt und auf die Verwaltungsformen, die von deutscher Seite in den besetzten Ostgebieten gefunden werden. Wenn dabei das Kaukasusproblem als Grenzland am meisten interessiert, so werden unsere Herrschaftsformen in den anderen besetzten Gebieten doch eifrig verfolgt, weil man sie als Symptom unseres Herrschaftswillens überhaupt glaubt werten zu können. Die Türkei hat kein ausgesprochenes Interesse an einem glatten deutschen Sieg im Vorderen Orient, weil sie dadurch ihre Mittlerrolle einbüßen würde. Das Interesse an dem Geschick der Türkvölker, das nicht so sehr territorial als kulturell bedingt zu sein scheint, ist gegenüber den verschiedenen Türkvölkern entsprechend ihrer Entfernung von der Türkei gestaffelt. In erster Linie interessiert das Geschick Aserbeidschans, sowohl des kaukasischen wie des iranischen. Man wünscht von türkischer Seite für diese Gebiete eine weitgehende Selbständigkeit unter Zulassung der türkischen Kultur."45 ) BA Potsdam AA Bd. 61173/11, Bl. 175ff, Telegramm v. Papens vom 26. 8. ) ZStA Potsdam, Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete: R 6/65, 36-42, Bericht v. Mende an Leibbrandt im RMfdbO, 1. 9. 1942. Camilla Dawletschin-Linder Gerhard v. Mende berichtete weiter über die verschiedenen turkstämmigen Emigrantenführer, die in der Türkei aktiv waren, unter dem Aspekt, inwieweit sie von deutscher Seite zu instrumentalisieren wären, erwähnte aber auch, dass sie vom türkischen Geheimdienst gut überwacht würden, und dies umso mehr, je deutlicher die Deutschen sich für sie interessierten. Botschafter v. Papens Hoffnungen, die Türkei auf die deutsche Seite ziehen zu können, hatten sich nicht erfüllt. Man hatte in der Wilhelmstraße erkannt, dass die turanische Karte in der Türkei nichts bewirkte, man andererseits in Deutschland selbst mehr als genug Vertreter dieser Turkvölker beherbergte, um sie für Propagandazwecke oder u.U. in den eroberten Gebieten einsetzen zu können. So erteilte Ribbentrop auf Veranlassung Hitlers dem Botschafter in Ankara am 12. Sept. 1942 die Weisung, keine weiteren Gespräche über Fragen der Turkvölker der Sowjetunion und ihrer Gebiete zu führen und, falls von türkischer Seite dieses Problem noch einmal angesprochen werden sollte, demgegenüber völlige Zurückhaltung zu üben. Damit endeten die ,,turanistischen" Aktivitäten des Auswärtigen Ams, nicht jedoch die des RMfdbO, des Propagandaministeriums und vor allem der Wehrmacht. Dennoch wurden im Winter desselben Jahres v. Papen dann doch noch 5 Mio. Reichsmark für ,,unsere türkischen Freunde" zur Verfügung gestellt.46 Man muss annehmen, dass die deutsche Werbung um die Türkei, inzwischen allerdings mit dem modifizierten Ziel, die Türkei ganz aus dem Krieg herauszuhalten, nicht nachgelassen hatte. Da sich die Grundprämisse der türkischen Einschätzung, dass die Einnahme Stalingrads der Schlüsselpunkt der deutschen militärischen Aktion sein werde, als nur zu richtig erwies, ist nicht verwunderlich, dass mit dem Maße, mit dem sich der deutsche Angriff bei Stalingrad festfuhr, die Türkei immer weiter von deutscher Seite abrückte. Als deutlich wurde, dass die Sowjetunion, der von der Türkei am meisten gefürchtete Nachbarstaat, sich behaupten konnte, bemühte sich die Türkei, den Eindruck, sie könne der deutschen Seite zuneigen, zu verwischen und sich wieder mehr an die Alliierten anzunähern. ) Nach einer Aufzeichnung von Megerle aus dem RAM vom 7.12. 1942 wurde folgender Zweck verfolgt: ,,Die Bereitstellung größerer Mittel als bisher ist erwünscht, um Feindpropaganda zu begegnen und in geeigneter Form und durch geeignete Kanäle Beamten, die infolge verteuerter Lebenshaltung vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehen, zu helfen, sowie durch Zuwendungen an einzelne in Frage kommende Persönlichkeiten aus Kreisen der Presse und Abgeordneten, verstärkte Sympathien zu erwerben." ADAP Serie E IY Nr. 265. Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg Dies geschah in kleinen, aber doch unübersehbaren Schritten, die vor allem anhand der türkischen Presse nachvollziehbar sind. Im Gefolge der verbalen Angriffe der Sowjetunion musste die Türkei auch bezüglich der Turanisten auf ihrem Boden reagieren. Hatte sie deren Aktivitäten zwar überwacht, jedoch stillschweigend geduldet, so änderte sich diese Politik nach der Jahreswende 1942/43. In der Presse wurde das Thema zunehmend häufiger diskutiert. Auf dem 6. Parteitag der Republikanischen Volkspartei, der regierenden Einheitspartei, äußerte sich Ministerpräsident Sara90glu unmissverständlich gegen den Turanismus, der mit den kemalistischen Zielen nicht vereinbar sei. Im Mai 1944 schließlich wurde die ultra-nationalistische turanistische Zeitschrift ,,Gök Börü" verboten, andere Publikationsverbote turanistisch ausgerichteter, gleichzeitig aber auch linker Zeitschriften schlössen sich an. Zur selben Zeit kam es zu einer innenpolitischen Kontroverse über einen offenen Brief eines rechtsnationalistischen türkischen Lehrers, keines Emigranten, der einzelne prominente Personen und deren sozialistische Neigungen denunziert hatte. Der Autor wurde wegen Verleumdung verurteilt, dabei kam es zu Ausschreitungen seiner Anhänger. Der offizielle Kommentator der Regierungszeitung, E R. Atay, wandte sich in diesem Zusammenhang scharf gegen Rassisten und Turanisten. Dem folgte ein weiteres Verbot einer turanistischen Zeitschrift, es kam zu Hausdurchsuchungen bei exponierten Turanisten, u. a. auch bei Prof. Togan und zu deren Anklage und Verurteilung vor einem Sondergericht wegen rassistischer und pan-turanistischer Propaganda, sowie wegen des Versuchs, die türkische Regierung zu stürzen.47 Am 15. Juni 1944 wurde - in Vorbereitung des Abbruchs der Beziehungen zu Deutschland einige Wochen später - Außenminister Menemencioglu gezwungen zurückzutreten. Der Abbruch der Beziehungen war von der Türkei vor allem aus handelspolitischen Gründen lange hinausgezögert worden, - insbesondere die Chromlieferungen an Deutschland waren eine überaus wichtige Einnahmequelle - musste nun aber auf starken alliierten, vor allem britischen Druck hin am 2. August 1944 endgültig vollzogen werden. Vier Tage später verließ Botschafter v. Papen die Türkei. Die Kriegserklärung gegenüber Deutschland schließlich sprach die Türkei erst am 23. 2. 1945 aus, als sie bereits weitgehend isoliert war und ihr ) Vgl. dazu Abschnitte IV und insbesondere VI der Studie von CEMIL KogAK, Türkiye'de Muli $ef Dönemi (1938-1945) [Die Periode des ,,nationalen Chefs" in der Türkei], Ankara 1986. Dieses Urteil wurde nach Kriegsende dann wieder aufgehoben. Camilla Dawletschin-Linder deutlich gemacht worden war, dass sie andernfalls keine Stimme im Konzert der Nationen haben würde, wenn die Nachkriegsordnung zur Verhandlung anstünde. 7. Kriegsende und Nachkriegszeit Für die sowjetischen Kriegsgefangenen, die zuerst durch die Lager gegangen waren, die danach entweder den Arbeitseinsatz im ,,Reich", die Bombardierung der deutschen Städte oder den Fronteinsatz überlebt hatten, kam dennoch das schreckliche Ende. Fast alle ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen, die sich im Mai 1945 noch in Deutschland befanden, wurden von den siegreichen Westalliierten in ihre vorherige Heimat zurückgeführt, was einer Deportation gleichkam und zu den dunkelsten Kapiteln der alliierten Nachkriegspolitik gehört. Da sie in den Augen der sowjetischen Machthaber nichts anderes als Deserteure waren, verschwanden viele in den Straflagern Sibiriens - für lange Zeit, viele für immer. Die Hoffnungen auf Selbständigkeit der nationalen Minderheiten in der Sowjetunion waren gänzlich zerstört. Die Völkerschaften, die mit den Deutschen kollaboriert hatten, wie viele der kleinen Kaukasus Völker, wurden dezimiert, die Krimtataren wurden in der Gesamtheit durch Zwangsumsiedlung bestraft. Nach Kriegsende wurden in der Sowjetunion mehr denn je zuvor Regungen von Nationalismus und nationale Eigenheiten schärfstens verfolgt. Nur wenigen Emigranten und ehemaligen Kriegsgefangenen gelang es, in Deutschland zu bleiben, in die Türkei, Frankreich oder in die USA auszusiedeln und so zu überleben.48 Das Häuflein der turko-tatarischen ) Tamurbek Dawletschin konnte sich der Rückführung entziehen, da er sich zum Zeitpunkt, als die Westalliierten an Hand von Listen in Deutschland die verbliebenen Kriegsgefangenen suchten, um sie in die Sowjetunion zurückzuschikken, wegen seiner Tuberkuloseerkrankung in einem süddeutschen Sanatorium für Lungenkranke aufhielt. Nach dem Krieg stieß er dann zu den tatarischen Emigranten, die sich in München niedergelassen hatten und sich um den neu eingerichteten amerikanischen Rundfunksender Radio Liberty und ein ebenfalls vom ,,American Committee for the Liberation of the Peoples of Russia Inc." gegründetes wissenschaftlichen ,,Institut zur Erforschung der UdSSR" scharten. In diesem Institut arbeitete er bis zu seiner Pensionierung als wissenschaftlicher Mitarbeiter und teilweise auch als wissenschaftlicher Direktor und publizierte vor allem zu Fragen des sowjetischen Rechts und der sowjetischen Nationalitätenpolitik. Er starb im Jahr 1983. Die turko-tatarischen sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg Emigranten formierte sich nach Kriegsende wieder, an verschiedenen Orten wie z. B. in New York, in Istanbul oder in München. Obwohl sie sich in den neuen Heimatländern weitgehend assimilierten und, soweit möglich, auch deren Staatsangehörigkeit annahmen, gaben die meisten ihre nationalen Ziele nicht auf. Wenige von ihnen konnten den inneren Zusammenbruch der Sowjetunion, an den sie wohl schon selbst nicht mehr richtig glauben konnten, und die Neuformierung der südlich gelegenen Turkregionen als weitgehend selbständige Staaten Ende der 80er Jahre noch erleben. Bibliographie BRÄUTIGAM, OTTO: So hat es sich zugetragen ... Ein Leben als Soldat und Diplomat, Würzburg 1968. CABOE, OLAF: Soviet Empire, the Turks of Central Asia and Stalinism, London 1953. GILJASOW, ISKANDEB: Na drugoj storone. Kazan 1998. HOFFMANN, JOACHIM: Die Ostlegionen 1941-1943. Turkotataren, Kaukasier und Wolgafinnen im deutschen Heer, Freiburg 1976. HOSTLER, C. W.: Turkism and the Soviets, London 1957. CEMIL: Türkiye'deMilligefDönemi (1938-1945) [Die Periode des ,,nationalen Chefs" in der Türkei], Ankara 1986. KÜHNE, TH.: Kameradschaft - ,,das Beste im Leben des Mannes". Die Deutschen Soldaten des Zweiten Weltkriegs in erfahrungs- und geschlechtergeschichtlicher Perspektive, in: Geschichte und Gesellschaft 22 (1996). S. MICHAELIS, H.; E. SCHRAEPLER; G. SCHEEL (HRSG.): Ursachen und Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart. Eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte. Bd. XVII Das Dritte Reich. Berlin o. J. NEULEN, H. W.: An deutscher Seite. Internationale Freiwillige von Wehrmacht und Waffen-SS, München 1985. STREIT, CHRISTIAN: Keine Kameraden. Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941-1945, Bonn 1991. VON ZUR MÜHLEN, PATRICK: Die Nationalitätenfrage im Kriege: das Beispiel der sowjetischen Orientvölker, in: H. SCHAFRANEK, R. STREIBEL (Hg.), 22. Juni 1941: der Überfall auf die Sowjetunion, Wien 1991. VON ZUR MÜHLEN, PATRICK: Zwischen Hakenkreuz und Sowjetstern. Der Nationalismus der sowjetischen Orientvölker im Zweiten Weltkrieg, Düsseldorf 1971
Категория: Туркестанский легион, хиви, военнопленные | Добавил: Marat (26.09.2011)
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